aus dem Quaker-Magazin vom 17.11.2011
(Übersetzung Irene Auerbach, ihre Anmerkungen kursiv), Fotos Friedrich Heilmann, englischer Originaltext s.u.
Ein Quäker bringt seinen Fall vor das Europäische Gericht für Menschenrechte, nachdem er wegen Nichtabführung von Einkommensteuer verurteilt worden war. Roy Prockter, Mitglied der Quäkergemeinde in Clacton-on-Sea (an der Nordseite der Themsemündung, östlich von London), hatte sich geweigert, Geld weiter zu leiten, das für den Krieg verwendet werden könnte. Vorige Woche weigerte sich ein Richter, ihn innerhalb des englichen Rechtssystems Berufung einlegen zu lassen, sagte aber, dass er sich an das Europäische Gericht für Menschenrechte wenden könne. Roy teilte dem (englischen) Gericht mit, dass das Gesetz allen Staatsbürgern das Recht zur Freiheit der Gedanken, des Gewissens und der Religion gewährt. Er erklärte, dass er Quäker ist, und zitierte Absatz 31 der „Empfehlungen und Fragen“ (ein Büchlein, das sehr konzentriert zusammenfasst, was Quäker-sein bedeutet): „Hältst du treu zu unserem Grundsatz, dass Krieg und die Vorbereitungen für Krieg mit dem Geist Jesu unvereinbar sind?“
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat einen früheren Fall, den Kriegssteuerverweigerer eingebracht hatten, abgewiesen. Aber Roy ist der Ansicht, dass sich das Verständnis des Gerichts inzwischen verlagert hat. Im Juli beschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zum ersten Mal, dass alle Menschen das Recht besitzen, sich der Mitgliedschaft in bewaffneten Armeen aus Gewissensgründen zu widersetzen. Während Roy auf seinen Gerichtstermin wartete, bemerkte ein Mitglied des Gerichtspersonals, dass er eine weiße Mohnblume im Knopfloch trug. (In England trägt zum Volkstrauertag jeder, wirklich jeder, eine – künstliche – rote Mohnblume. Das geht auf die Felder in Flandern im ersten Weltkrieg zurück, die trotz aller Verwüstungen voller Mohn blühten. Die Mohnblumen werden von Kriegsversehrten hergestellt, und der Erlös kommt Versehrten und Familienangehörigen zugute. An Kriegsdenkmälern werden Kränze aus diesen roten Mohnblüten niedergelegt. Quäker und andere Pazifisten haben immer wieder versucht, zusätzlich zu diesen roten Blüten auch weiße einzuführen, im Gedenken an die Kriegsdienstverweigerer, die im ersten Weltkrieg hingerichtet und im zweiten zu Gefängnis verurteilt worden waren, aber richtig durchgesetzt hat sich das leider nie – und selbst Quäker tragen meist eben zwei Mohnblüten, eine weiße und eine rote. Die weiße ist aber ein guter Gesprächsaufhänger!) Sie fragte, wo sie eine bekommen könnte. Er berichtete dem „Friend“ (Quäkerwochenzeitung, aus der dieser Absatz stammt): „Ich hatte zufällig ein paar in der Tasche, und sie freute sich, als ich ihr eine davon gab.“
A Quaker is to take his case to the European Court of Human Rights (ECHR) after being convicted of withholding income tax. Roy Prockter, of Clacton-on-Sea Meeting, has refused to hand over money that could be used for war. A judge last week refused him leave to appeal within English courts, but said he could appeal to the ECHR.
Roy told the court that the law grants all subjects the right to freedom of thought, conscience and religion.
He explained that he is a Quaker and quoted Advices and Queries 31: ‚Do you faithfully maintain our testimony that war and the preparation for war are inconsistent with the spirit of Christ?‘
The ECHR has previously thrown out a case brought by war tax resisters. But Roy maintains that the court’s understanding has since shifted. In July, the ECHR ruled for the first time that all people have the right to conscientious objection to membership of the armed forces. While Roy was waiting to be called into court one of the court staff noticed his white poppy and asked him where she could get one. He told the Friend: ‚I happened to have a few in my pocket and she was pleased when I gave her one of them.‘