Wer wir sind
Wir sind Menschen, die es nicht mit ihrem Gewissen in Übereinstimmung bringen können, Steuern zu zahlen, die für Militär, Rüstung und Krieg verwendet werden. Seit 1983 sind im Netzwerk Friedenssteuer Personen aus allen gesellschaftlichen Schichten und Glaubensrichtungen, Atheisten, Junge und Ältere aktiv. Es gibt eine eigene Arbeitsgruppe „Steuern zu Pflugscharen„, die die Zusammenarbeit zur katholischen und evangelischen Kirche organisiert. Ebenso sind Quäker und Mennoniten dabei. Zu verschiedenen anderen Gruppen der deutschen und internationalen Friedensbewegung bestehen Kontakte und Zusammenarbeit – siehe rechte Spalte.
Wir wollen nicht weniger Steuern zahlen, sondern das Recht bekommen, zwischen Militärsteuer und Zivilsteuer zu wählen, so wie Wehrpflichtige bis 2011 zwischen Kriegsdienst und Zivildienst wählen konnten. Und wir wollen die Garantie bekommen, dass unsere Steuern nur für zivile Zwecke verwendet werden. Unsere zentrale Erklärung lautet:
Was wir vorhaben
Wir wollen unsere tägliche Beteiligung am Rüstungs- und Kriegsverbrechen aufdecken und abbauen. Die 10 % unserer Lohn- und Einkommensteuer, die bis jetzt für Rüstung und Militär ausgegeben werden, sollen künftig in den Zivilhaushalt fließen (wenn wir die in anderen Haushalten versteckten Ausgaben fürs Militär und diejenige für die NATO mitrechnen, sind es deutlich mehr als 10 %!)
Wir wollen mehr Gleichgesinnte vernetzen, um unser Ziel wirkungsvoller umsetzen zu können.
Schwesterorganisationen in vielen Ländern verfolgen dieses Ziel ebenfalls. Unsere internationale gemeinnützige NRO CPTI / Conscience and Peace Tax International hat beratenden Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der UNO (ECOSOC). CPTI hat eine ständige Vertretung beim UNO-Menschenrechtsrat in New York und in Genf.
(Revd. Paul Oestreicher)
LEITBILD des Netzwerk Friedenssteuer e.V.
Vision:
* Jede Bürgerin und jeder Bürger erkennt: Auch die Zahlung von Steuern in den Verteidigungshaushalt ist Kriegsdienst.
* Jede Bürgerin und jeder Bürger erhält die Wahlmöglichkeit zwischen Verwendung aller persönlichen Steuern nur für zivile oder auch – wie bisher – für militärische Zwecke.
Unsere zentrale Erklärung:
„Ich trete für eine gesetzliche Regelung ein, nach der niemand gegen sein Gewissen gezwungen werden darf, durch Steuern und Abgaben zur Finanzierung von Militär und Rüstung beizutragen. Stattdessen ist die Verwendung dieser Zahlungen für zivile Aufgaben sicherzustellen.“
Wege zum Ziel:
– Bewusstseinsbildung durch Öffentlichkeitsarbeit in Form von Vorträgen, Tagungen und Publikationen
– Beratung und Begleitung von Militärsteuerverweigernden bei Finanzämtern ud Gerichten
– Lobbyarbeit in Politik und Gesellschaft, um eine Zivilsteuer-Regelung zu erreichen
– Dialog mit den Kirchen, damit diese sich öffentlich für die Einführung des Zivilsteuer-gesetzes einsetzen sowie Militärsteuerverweigernde in gleicher Weise beraten und begleiten wie bei der Verweigerung des Waffendienstes
– Vernetzung mit anderen Basisbewegungen
– Diskussion juristischer Wege und Entwicklungen mit Fachkräften
– Zusammenarbeit mit Initiativen gleicher Zielsetzung in anderen Ländern sowie mit Conscience and Peace Tax International (CPTI).
Organisationsform:
Unser Verein ist als gemeinnützig anerkannt. Der Verein beauftragt Arbeitsgruppen und Einzelne, an der Aufgabenumsetzung eigenverantwortlich mitzuwirken.
Wir sind überkonfessionell und weltanschaulich neutral organisiert und suchen Entscheidungen im Konsens.
Kooperationen
Mitgliedschaften und Kooperationspartner
Das „Netzwerk Friedensteuer“ versteht sich als Teil der nationalen und internationalen Friedensbewegung. Deshalb gibt es einen Beauftragten für Vernetzung.
Mitglied sind wir beim „Bund für Soziale Verteidigung„, der uns lange eine organisatorische Heimat geboten hat, bis wir im Jahr 2003 das „Netzwerk Friedenssteuer“ als eingetragenen Verein juristisch etablierten.
Wir sind seit 1993 Träger des „Aachener Friedenspreises„. Ebenso sind wir Mitglied bei DFG-VK, Kooperation für den Frieden und der Stiftung Oekumene = Ökumenisches Netz in Deutschland.
Enge Zusammenarbeit besteht mit pax christi und lokalen Bewegungen wie der „Offenen Heide“ in Sachsen/Anhalt und der „Münchner Friedenskonferenz„.
Auf einen Blick
Aus der Friedenssteuer-Arbeit: (siehe auch ausführliche Dokumentation der Friedenssteuerarbeit 1982 Erster Prozess in Berlin
Akademie Hofgeismar in Kooperation mit der Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD
2014 epd-Dokumentation „Zahlen für den Krieg – Gewissensfreiheit contra Steuerpflicht“ erschienen
2014 Beschluß zur Militärsteuerverweigerung durch die Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD
Kriegssteuerverweigerung in der Geschichte
Schon in der Antike gibt es Belege für Steuerverweigerung. So zeigt ein Bildfries des Pharao Mereruka (ca. 2350-2200 v. Chr.) die Auspeitschung von Steuerverweigerern. Der Prophet Samuel (ca. 1020 v. Chr.) warnt das jüdische Volk vor der drohenden Belastung durch Militärsteuern und Militärdienst als Folge des Rufes nach einem König. In der Komödie des Dichters Aristophanes besetzen die griechischen Frauen die Burg von Athen, um die Steuergelder in friedliche Zwecke umzuwidmen. Ihre Anführerin Lysistrata bringt es auf den Punkt: „Nur in Sicherheit brächten wir gern das Geld, nicht verführen es soll euch zum Kriege!“ In den Evangelien wird Jesus mit der Frage konfrontiert: „Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen?“ Vor Gericht zählt Steuerverweigerung zu den Anklagepunkten gegen ihn.
Zu Beginn der Neuzeit im 16. Jahrhundert verweigerten die Hutterer und andere Gruppen der Täuferbewegung die Türkensteuer. Sie sperrten dem Kaiser die Mittel für seine Feldzüge gegen das Osmanische Reich: „Zu Kriegen, Würgen und Blutvergießen… geben wir nichts!“ (1540)
Für die aus der Täuferbewegung entstandenen Mennoniten, die Quäker und andere friedens-kirchliche Gruppen stellte sich immer wieder im Laufe ihrer Geschichte die Steuerfrage. William Penn etwa, der Gründer Pennsylvanias, schrieb 1711 – sein Gewissen erlaube ihm nicht, „Krieg zu führen, noch sollten wahre Christen für den Krieg zahlen.“
Henry David Thoreau (1817-1862) begründete in seinem Essay „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ Theorie und Praxis des zivilen Ungehorsams und der modernen gewaltfreien Bewegung. „Wenn tausend Menschen dieses Jahr keine Steuern zahlen würden, so wäre das keine brutale und blutige Maßnahme, – das wäre es nur, wenn sie zahlten und damit dem Staat erlaubten, Brutalitäten zu begehen und Blut zu vergießen.“
Organisierte Kriegssteuerverweigerung gibt es in den USA seit den 1940er Jahren. Sie richtete sich auch gegen das Zeichnen von „freiwilligen“ Kriegsanleihen und verstärkte sich in den 1960ern als eine von vielen Protestformen gegen den Vietnamkrieg und das Wettrüsten. Viele Verweigerer ließen sich auch durch Haftstrafen und die Pfändung ihres Besitzes nicht von ihrem konsequenten Handeln abschrecken. Auch Arbeitgeber weigerten sich, für ihre Angestellten Steuern zu Rüstungszwecken abzuführen. Die National Campaign for a Peace Tax Fund bringt ihren Friedenssteuer-Gesetzentwurf seit drei Jahrzehnten immer wieder in die parlamentarische Beratung in Washington ein. Durch konsequente Lobbyarbeit gewinnt sie Abgeordnete, die eine gesetzliche Regelung der Militärsteuer-Verweigerung unterstützen. Auch in etlichen anderen Ländern gibt es inzwischen Friedenssteuer-Initiativen.
In Deutschland gründeten die ersten Militärsteuer-Verweigerer im März 1983 die Friedenssteuer-Initiative (später in Netzwerk Friedenssteuer umgetauft). Anfang der 1990er Jahre kam es aus Protest gegen den 2. Golfkrieg und die dafür von der Bundesregierung an die USA überwiesenen 17 Milliarden DM zu einem massenhaften öffentlichen Interesse für Steuerverweigerung. Bekannt wurde auch der 5,72 DM-Protest: aus Protest gegen die geplante Stationierung von 572 Cruise missile- und Pershing 20-Raketen in der BRD hielten mehrere hundert Bürger:innen 5,72 DM ihrer persönlichen Steuern zurück und zahlten sie auf ein Anderkonto des NW Friedenssteuer ein.
Die Bundesregierung hat sich über „humanitäre“ Einsätze in Kambodscha, Somalia, Bosnien, Kosowo, Afghanistan, Irak und Mali kontinuierlich an die „Normalität“ weltweiter militärischer Einsatzfähigkeit herangearbeitet. Seitdem stellt sich die Frage der zwangsweisen steuerlichen Unterstützung des Militärs schärfer denn je.
Die o.g. internationalen militärischen Kriseninterventionen und der völkerrechtswidrige Irak-Krieg haben gezeigt, dass Konflikte nicht mit militärischen Mitteln oder klassischer Diplomatie gelöst werden können. Die dringend benötigten Mittel für Friedensdienste und gewaltfreie Konfliktbearbeitung werden von den Regierungen nur unzureichend bereit gestellt.
Weitere Informationen in:
Wolfgang Krauß (Hrsg.): „Was gehört dem Kaiser? Das Problem der Kriegssteuern“, 1984 Agape-Verlag, Weisenheim am Berg -> bestellen
Jan-Pieter Naujok: „Gewissensfreiheit und Steuerpflicht“, 2003 Verlag für Wissenschaft und Kultur Dr. Stein Berlin
Videos
Friedenssteuer – Militärsteuerverweigerung, ein Film über unser Anliegen, über das Netzwerk Friedenssteuer und den internationalen Verbund „Conscience and Peace Tax International“ – CPTI – in Deutsch / mit Untertiteln in Englisch
Film mit englischen Untertiteln
Interview (5 Min.) zum Thema Friedenssteuer – Alice Grinda mit Friedrich Heilmann